Floating: Entspannung total

Dr. phil. Kerstin Engels

Stress abbauen in vollkommener Schwerelosigkeit? Floating macht’s möglich. Schon John Lennon war von dieser Entspannungsmethode begeistert. Wie funktioniert es und warum ist es gesund? 

Floating stammt aus den USA. Schon vor einiger Zeit ist der Trend auch zu uns herübergeschwappt. Mittlerweile gibt es in vielen Großstädten und Wellnesseinrichtungen sogenannte Floatarien. 

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Im warmen Salzwasser schweben

Beim Floating legt man sich in einen mit warmem Salzwasser gefüllten Tank – genau genommen eine Badewanne in einer abgeschlossenen Kabine. Durch den sehr hohen Salzgehalt schwebt der Körper frei an der Oberfläche, abgeschirmt von allen äußerlichen Reizen. Meistens führt das zu einer tiefen Entspannung – körperlich und psychisch.

Floating Buddha 2 pixabay Helena buddha-509372 640Diese Tanks gibt es in ganz unterschiedlichen Formen, von Tonnen über Wannen bis hin zu etwas hübscher gestalteten Muscheln. Sie sind etwa zwei Meter lang und 1,50 Meter breit. Eine weniger enge Alternative sind Becken in größeren Kabinen. Sie sind auch für Paare geeignet und lassen deutlich mehr Raum nach oben.

Eine Floating-Wanne ist nur etwa 30 cm tief. Dies erleichtert die Entspannung, weil man jederzeit Boden unter die Füße und Hände bekommt. Die Temperatur des Wassers liegt bei etwa 35 Grad Celsius. Dies entspricht der Temperatur der Hautoberfläche, so dass kein Temperaturunterschied zu spüren ist. Die wahrgenommene Grenze des Körpers zu seiner Umgebung löst sich dadurch auf.

Gefloatet wird in Badekleidung oder nackt. Nach dem Einstieg schließt sich auf dem Tank ein Deckel. Bei der herkömmlichen, auch therapeutisch angewendeten Methode entspannt man in völliger Stille und Dunkelheit. Alle Geräusche und Außenreize werden „abgeschaltet“. Die neueren Wellness-Anwendungen kombinieren das Bad aber auch mit sanftem Licht oder mit Musik.

Absolute Entspannung

Der Effekt der Schwerelosigkeit im warmen Wasser ist eine vollkommene Entspannung aller Muskelgruppen. Doch Floating ist mehr als das. Eine Beschreibung des typischen Floating-Erlebnisses klingt dann zum Beispiel so, wie bei diesem Autor in der Süddeutschen Zeitung:

"Blitze leuchten hell auf, wo eigentlich nichts ist, Bilder in kurzen Filmsequenzen erscheinen vor dem inneren Auge und verschwinden langsam wieder. Der Drift im wachen Schlafzustand entspannt Körper und Geist, das Zeitgefühl geht im schwarzen Nichts verloren." 

Im normalen Alltagszustand ist das Gehirn zumeist damit beschäftigt, von außen kommende Reize zu verarbeiten. Der sogenannte Isolationstank schaltet diese Reize ab. Der Geist driftet weg – und wird kreativ.

Entstehung des Floatens

Floating ist aus wissenschaftlichen Experimenten heraus entstanden. Den ersten Floating-Tank baute in den 50-er Jahren der amerikanischen Hirnforscher John C. Lilly. Der Wissenschaftler wollte auf diese Weise erkunden, ob das Gehirn arbeitet, wenn die Sinneswahrnehmung abgeschaltet wird. Er fand heraus, dass sich mit der „sensorischen Deprivation“ beim Floating, wenn also Außenreize völlig entzogen werden, ein spezieller Zustand des Gehirns einstellt. Dieser Bewusstseinszustand zwischen Wachen und Schlafen war der westlichen Wissenschaft bis dahin unbekannt. In der Folgezeit führte vor allem die Harvard Medical School Studien zu den medizinischen Effekten der Methode durch.

Die bewusstseinsveränderten Effekte machten das Floating in den 70-er Jahren in der Hippie-Bewegung populär. Aus dieser Zeit stammt auch die Bezeichnung „Samadhi-Tank“ – im Indischen bedeutet Samadhi so viel wie Erleuchtungszustand. Der berühmteste Promoter der Technik war in den 70-er Jahren John Lennon.

Ab Ende der 70-er Jahre gab es in den USA die ersten öffentlichen Floating-Angebote. In den 90-er Jahren verbreitete es sich dann unter neuen Vorzeichen in der Londoner City. Hier eröffneten spezielle Floating-Studios, wo sich Banker und Geschäftsleute entspannen konnten. Mittlerweile gibt es solche wellnessorientierten Floatarien in ganz Europa und auch in deutschen Großstädten.

Gesundheitliche Wirkung

Es existiert eine Vielzahl von Studien zu den gesundheitlichen Effekten des Floating, das wissenschaftlich Flotation-REST (für Restricted Environmental Stimulation Technique) genannt wird. Und auch wenn es noch keine groß angelegten Studien gibt – die bisherigen Untersuchungen legen eine ganze Reihe von therapeutischen Effekten bei gesundheitlichen Problemen nahe.

Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die Tiefenentspannung und die Abschirmung von äußeren Reizen enorme Auswirkungen auf Körper und Geist haben. Eine Metaanalyse, die insgesamt 27 Studien auswertet, kam 2005 zu dem Ergebnis, dass das Floating als Form des Stressmanagement diverse positive physiologische Effekte hat, wie eine Verringerung von Stresshormonen oder einen günstigen Einfluss auf Bluthochdruck. http://floatforhealth.net/meta_analysis_REST.pdf Im Zusammenhang mit Stressabbau wird immer wieder die Stärkung des Immunsystems betont.

Mit der Schwerelosigkeit und dem Reizentzug lösen sich Verspannungen. Belegt sind dementsprechend auch positive Wirkungen bei Rückenschmerzen. Anfang 2014 veröffentlichte die TU München die Ergebnisse einer Studie, die einen günstigen Einfluss von Floating-Anwendungen bei Wirbelsäulenbeschwerden zeigte. 

Günstigen Einfluss hat das Floating Untersuchungen zufolge auch bei chronischen Schmerzen und Rheuma ebenso wie bei Schlafstörungen oder Depressionen. Beispielsweise haben die Forscher nachgewiesen, dass das Schweben in der Salzsole stimmungsaufhellend wirkt und die Ausschüttung von Endorphinen – den Glückshormonen – begünstigt.

Auch die Sportmedizin widmet sich dem Floating und nutzt die Effekte. Die Tiefenentspannung begünstigt den Muskelaufbau, fördert die Regeneration und beugt Verletzungen vor. Und das Bad beschleunigt den Abbau von überschüssiger Milchsäure, einem typischen Problem im Leistungssport. Dieses Laktat entsteht durch den Stoffwechsel bei körperlicher Anstrengung. Ein Überschuss von Milchsäure führt oft zu Schmerzen, Krämpfen oder Müdigkeit.

Trailer zum Film "Float Nation"

 

Steigerung von Kreativität und geistiger Leistung

Durch Messungen der Hirnströme weiß man, dass das Gehirn beim Floating verstärkt zu niedrig-schwingenden Theta-Wellen übergeht. Zugleich wird die rechte Gehirnhälfte aktiviert, die für die kreativen und emotionalen Aktivitäten zuständig ist.

Schwedische Forscher bestätigten in einer Vielzahl von psychologischen Untersuchungen seit Ende der 90-er Jahre, dass es die Bewusstseinszustände des Flotation-REST gibt, wie sie schon von Lilly beschrieben wurden. Ähnlich wie in Träumen sind damit meistens visuelle Wahrnehmungen und ein Verlust des Zeitgefühls verbunden.

Die Theta-Wellen beim Floating wirken sich außerdem günstig auf das Lernvermögen und die geistige Leistungsfähigkeit aus. Sogar in Bezug auf wissenschaftliche Tätigkeiten wurden günstige Effekte des Floating nachgewiesen

Bekannt sind diese Effekte auch aus der Meditation oder dem Autogenen Training. Ein großer Vorteil gegenüber anderen Entspannungstechniken ist für den modernen Menschen, dass der Aufwand wesentlich geringer ist.

Hautpflege und Entschlackung

Solebäder sind schon seit Urzeiten in der Volksmedizin bekannt. Auch heute sind salzhaltige Heilquellen und das Tote Meer begehrte Kurorte bei Hautproblemen wie Psoriasis oder Neurodermitis.

Das in den Floatarien genutzte Salz ist Magnesiumsulfat, auch Epsomit genannt. Dem Baden im Epsomer Bittersalz werden in der hohen Konzentration ähnliche Qualitäten wie dem Baden im Toten Meer zugeschrieben. Das Salz regt die Regeneration der Haut an. Die Haut fühlt sich nach einem Bad im Starksolebad weich und glatt an.

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Für wen ist Floating nicht geeignet?

Sicherlich ist für viele Menschen die Vorstellung sehr gewöhnungsbedürftig, sich in einen abgeschlossenen Tank zu legen. In der Fachsprache heißen die Floating-Behältnisse denn auch Isolationstanks. Schließlich geht es darum, sämtliche Außenreize auszuschalten. Für klaustrophobisch veranlagte Menschen ist das Verfahren deshalb ungeeignet.

Doch es kann auch andere Gründe geben, von der Floating-Erfahrung erst einmal Abstand zu nehmen. Grundsätzlich sollten kranke oder geschwächte Menschen nur nach Rücksprache mit ihrem Arzt in einen Tank steigen. Dies gilt auch für psychische Erkrankungen.

Außerdem ist das Solebad nicht geeignet bei Hautverletzungen, wie Abschürfungen oder Schnittwunden, denn das Salz verursacht ein sehr unangenehmes Brennen.

Praktische Tipps

Dass sich das Floating trotz der vielen positiven Effekte nicht so rasend schnell verbreitet, hat wahrscheinlich verschiedene Ursachen. So ist ein regelmäßiger Besuch im Floatarium je nach Anbieter vergleichsweise kostspielig.

Ein Bad dauert je nach Angebot 30 Minuten bis hin zu zwei Stunden. Um in den Genuss der Entspannungseffekte zu kommen, sollte man nicht mit vollem Magen ins Floatingbecken steigen, also etwa ein bis zwei Stunden vorher nichts Schweres essen.

Außerdem ist es gut, vorher nicht zu viel Kaffee oder andere Stimulanzien zu sich zu nehmen, weil es dann schwerfällt, zur Ruhe zu kommen.

Vor einem Besuch im Floatarium sollte man sich nicht rasieren oder epilieren, weil das Salzwasser auf der gereizten Haut sehr unangenehm brennen kann.

Kosten

30 Minuten kosten zwischen 20 und 30 Euro, 60 Minuten zwischen 40 und 70 Euro. Es gibt auch zweistündige Sitzungen, die jedoch nicht für den ersten Floatbesuch zu empfehlen sind.

Viele Floatarien bieten zusätzliche Angebote, wie Massagen oder sogar Coaching. 

Quellen und Links

John C. Lilly: The Deep Self: Consciousness Exploration in the Isolation Tank (Consciousness Classics), New York 1977 (Reprint 2006)

Deutscher Floating Verband 

Zusammenstellung internationaler Forschungsarbeiten zum Floating (pdf) 

Website zu Float Nation, ein Film über Floating (2014)

Artikel „Floating“ in Wikipedia


Einzelnachweise zu Studien

Johannes Schauwecker (2014): Starksolebad-Therapie bei Wirbelsäulenbeschwerden – eine prospektive randomisierte kontrollierte Studie (Abstract als Download beim Deutschen Floating Verband) 

Anette Kjellgren u.a. (2010): Psychotherapeutic Treatment in Combination with Relaxation in a Flotation Tank: Effects on „Burn-Out Syndrome“. The Qualitative Report, Vol. 15, No 5 (pdf) 

Dirk Van Dierendonck, Jan Te Nijenhuis (2005): Flotation restricted environmental stimulation therapy (REST) as a stress-management tool: A meta-analysis. Psychology and Health 20 


Medienberichte

Chris Aichner: Floating. Einfach wegschweben, Süddeutsche Zeitung online 15.05.2010 

Christian Haas: Floatarien. Wie ein Korken im Wasser, Focus online 20.04.2008 

Klaus Wilhelm: Abenteuer Isolationstank: Abtauchen und auftanken. Spiegel online 12.11.2006

 

Bildnachweise: Helena/pixabay