Basische Ernährung - viel viel Obst und Gemüse!

Dr. phil. Kerstin Engels

Die basische Ernährung ist genau genommen ein Konzept für eine basenbetonte Ernährung. Es zielt auf das Verhältnis von basischen zu säurebildenden Nahrungsmitteln – mit einem Überschuss der basischen Bestandteile. Bei der Einordnung von Lebensmitteln wird es teils etwas unübersichtlich.

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Die Theorie zur basischen Ernährung geht im Wesentlichen auf die Forschungen des schwedischen Biochemikers Ragnar Berg Anfang des 20. Jahrhunderts zurück. Sie lautet, dass der Säure-Basen-Haushalt durch eine zunehmend säurebetonte Ernährung, aber auch durch den Lebensstil, bei vielen Menschen ungünstig beeinflusst wird.

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Diese Verschiebung des Säure-Basen-Haushalts hin zu einer latenten Übersäuerung soll für eine große Zahl von Beschwerden und Zivilisationskrankheiten mit verantwortlich sein.

Seit rund 20 Jahren werden zum Thema basische Ernährung zunehmend Forschungsarbeiten zusammengetragen und durchgeführt, die einen solchen Zusammenhang bestätigen. In Deutschland waren dafür vor allem die Studien von Medizinern und Ernährungswissenschaftlern wie Friedrich Manz, Thomas Remer und Jürgen Vormann bedeutsam.

Weitere Arbeiten zur basischen Ernährung stammen aus dem Umfeld der sogenannten Mayr-Medizin, etwa von dem Arzt Michael Worlitschek (zu den Autoren und Forschern einige Links weiter unten).

Was sind „saure“ und „basische“ Lebensmittel?

Das Konzept der basischen Ernährung beruht auf bestimmten Vorgängen im Stoffwechsel. Entscheidend ist dabei im Prinzip, wie ein Nahrungsmittel im Körper wirkt, nachdem es verdaut wurde. Denn damit der Körper die Stoffe verwerten kann, wird die Nahrung in Bestandteile zerlegt. Bei dieser Umwandlung entstehen auch Säuren und Basen. Beides sind insofern natürliche Endprodukte des Stoffwechsels.

Ein basisch wirkendes Nahrungsmittel enthält Salze, die Säure binden und neutralisieren können. Wirksam sind dabei organisch gebundene Mineralstoffe und Spurenelemente. Zu den basenbildenden Elementen gehören Kalium, Magnesium, Natrium und Calcium. Dagegen werden Schwefel, Phosphor und Chlor zu den Säurebildnern gezählt.

Schwierige Einordnung von Lebensmitteln

Das Konzept zur basischen Ernährung hat eine große Schwäche: Denn die Einordnung von Lebensmitteln in eher säure- oder eher basenbildend ist nicht unproblematisch.

Schwierig ist zunächst überhaupt zu messen, welchen Einfluss Lebensmittel auf den Säure-Basen-Haushalt haben. Denn zum einen geht es um minimale Schwankungsbereiche, zum anderen um komplexe Vorgänge im Körper. Häufig finden solche Messungen mittels Urinproben statt. Das Verfahren geht auf einen Pionier der Säure-Basen-Theorie, den Arzt und Biochemiker Friedrich F. Sander zurück.

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Der pH-Wert im Urin hat allerdings nur indirekte Aussagekraft und muss interpretiert werden. Denn wie basisch oder sauer der Urin ist, gibt keinen unmittelbaren Aufschluss über den Zustand im Blut oder in den Körpergeweben, zumal Säuren auch auf anderen Wegen ausgeschieden werden.

Hinzu kommt, dass die über den Urin ausgeschiedenen Säuren überwiegend gebunden sind, was ein Teststreifen nicht mit abgebildet. Manche Therapeuten setzen deshalb auf einen speziellen Bluttest als alternative Form der Messung, entwickelt von dem Heilpraktiker Hans-Heinrich Jörgensen.

Da die Messmethodik bislang nicht standardisiert und allgemein anerkannt ist, gibt es teilweise unterschiedliche Einteilungen der Lebensmittel. Empfehlungen für eine basische Ernährung fallen daher im Detail teils widersprüchlich aus. Ein Problem ist auch, dass die verwendeten Tabellen mit Säure-Basen-Werten eine Reihe von Faktoren nicht berücksichtigen (können). Einfluss auf die säuernde oder basische Wirkung hat beispielsweise, wie die Lebensmittel angebaut und verarbeitet wurden oder wie frisch sie sind. Weitere Faktoren sind das individuelle Verdauungssystem und der jeweilige Stoffwechsel eines Menschen.

Dementsprechend gibt es diverse Lebensmittel, die in der Literatur zur basischen Ernährung unterschiedlich bewertet werden. So betrachten die Autoren beispielsweise Kaffee, Milch, Vollkorngetreide, Soja oder Rotwein mal als säurebildend, mal als basenbildend. Säure-Basen-Tabellen sind somit nur für eine grobe Orientierung geeignet.

Allerdings gibt es übereinstimmend eine einfache und grobe Einteilung, die allen Modellen zur basischen Ernährung gemeinsam ist. Demnach sind Obst und Gemüse zumeist basenüberschüssig. Eiweißreiche Nahrungsmittel, etwa Fleisch, Wurst und Käse gelten dagegen als überwiegend säurebildend. Auch viele pflanzliche Produkte, wie Getreide und Hülsenfrüchte, werden meist zu den säurebildenden Lebensmitteln gezählt.

Die Einteilung nach PRAL-Werten

Um den Einfluss bestimmter Nahrungsmittel auf den Säurehaushalt zu definieren, hat sich inzwischen der sogenannte PRAL-Faktor etabliert. PRAL steht für „Potenzielle renale Säurebelastung“ und bildet ein Maß für die Ausscheidung von Säuren über die Nieren. Ein positiver PRAL-Wert besagt, dass das Nahrungsmittel überwiegend Säuren bildet, ein negativer Wert heißt, es werden überwiegend Basen gebildet.

Dementsprechend orientieren sich neuere Nährwerttabellen zur basischen Ernährung häufig an dem PRAL-Faktor. 

Dieser Wert hat weder etwas mit dem pH-Wert zu tun noch mit dem Geschmack. Saures Obst – und manchen Autoren zufolge sogar Rotwein – wirken im Körper interessanterweise basisch. Umgekehrt können Lebensmittel, die neutral schmecken oder süß, beispielsweise Brot oder Süßigkeiten, Säurebildner sein.

Was macht sauer?

Die Säuren entstehen im Stoffwechsel beim Abbau von Eiweiß – aber nicht nur. Auch im Kohlenhydratstoffwechsel und bei der Fettverbrennung bleiben Säuren übrig. Und es gibt noch weitere Ursachen für ihre Entstehung.

Säuren sind im Organismus aus sehr unterschiedlichen Gründen vorhanden. Die folgenden gelten als die wichtigsten:

  1. Beim Abbau von tierischem Eiweiß entsteht Schwefelsäure. Eine Ernährung mit viel Fleisch, Milchprodukten und Eiern betrachten die Säure-Basen-Experten als wichtigsten Grund für die übermäßige Bildung von Säure im Körper.
  2. Als weitere Ursache wird Phosphorsäure genannt. Sie ist in einer Vielzahl von Lebensmitteln zugelassen als Zusatzstoff E338 und dient als Konservierungs- und als Säuerungsmittel. Vor allem in Cola, aber auch in Limonaden und Sportgetränken, ist Phosphorsäure zugesetzt. Außerdem enthalten viele Fertigprodukte und Lebensmittel wie Speeiseeis, Milchpulver, Sahne, Margarine oder Fischprodukte häufig E338.
  3. Als weitere Faktoren gelten Vitaminmangel und ein Defizit an Spurenelementen. Dies hemmt die Produktion von notwendigen Enzymen, die wiederum zentral am Stoffwechsel beteiligt sind.
  4. Bei Diäten und Fastenkuren wird Energie aus körpereigenem Fett gewonnen. Dabei entstehen als Abfallprodukt sogenannte Ketonsäuren. Sie werden als besonders belastend für den Säure-Basen-Haushalt betrachtet.
  5. Durch einen Mangel an Bewegung, eine verminderte Durchblutung der Muskeln und wenig Sauerstoff bildet der Körper Milchsäure. Umgekehrt führt jedoch auch eine hohe Belastung von Muskeln – bei intensivem Sport – zur Bildung von Milchsäure.
  6. Viel Stress und negative Emotionen, wie Ärger und Angst, zählen ebenfalls zu den Ursachen für Übersäuerung, denn der Körper produziert dann selbst mehr Säuren.
  7. Auch Alterungsprozesse gehören laut Säure-Basen-Theorie in die Reihe der Sauermacher. Mit zunehmendem Alter nehmen die Pufferkapazitäten im Blut ab und die Nierenleistung lässt nach. Säuren werden so schlechter ausgeschieden. Hinzu kommt oft, dass ältere Menschen weniger trinken und säurebetonter essen.

Basische Ernährung: Ausgleich für Säurebelastung

Um Säuren zu binden, zu neutralisieren und auszuscheiden, verfügt der Körper über verschiedene sogenannte Puffersysteme, die Basen verbrauchen. Eine besondere Rolle spielt dabei Bikarbonat. Die Puffer halten den pH-Wert im Blut konstant bei etwa pH 7,4. Verschiedene Recyclingmechanismen im Organismus sorgen dafür, dass verbrauchte Basen ständig wieder zurückgewonnen werden. Allerdings gehen die Säure-Basen-Experten davon aus, dass die Säurebelastung zunimmt, so dass sich die Pufferreserven nach und nach verringern.

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Eine basische Ernährung wäre dann eine wesentliche Unterstützung. Basenbilden sind vor allem die mit dem Essen aufgenommenen Mineralstoffe, nämlich Verbindungen von Eisen, Kalium, Kupfer, Magnesium, Natrium und Calcium.

Der Säureausgleich steht außerdem im Zusammenhang mit der Vitaminzufuhr. Denn die Vitamine, vor allem aus Obst und Gemüse, benötigt der Körper für Enzyme, die den Stoffwechsel aktivieren und auch an den Puffersystemen beteiligt sind.

Empfehlungen zur basischen Ernährung 

Jenseits aller Säure-Basen-Tabellen legt das Konzept nahe: Eine basische Ernährung entspricht einem hohen Anteil von Obst, Salat und Gemüse. Dies soll mögliche Belastungen durch Säurebildner in der Ernährung, aber auch im Lebensstil, ausgleichen.

Ernährungsempfehlungen zur basischen Ernährung zielen nicht darauf, Säurebildner ganz zu streichen. Denn viele säurebildende Nahrungsmittel sind wegen ihres Nährstoffgehalts wertvoll, ob Nüsse, Getreide oder Hülsenfrüchte. Die Versorgung mit Eiweiß bleibt dementsprechend auch in der basenbetonten Küche wichtig, etwa für Muskeln oder einen funktionierenden Stoffwechsel. Die Ratgeber-Autorin Sabine Wacker verweist in ihrem Buch „Basenfasten!“ sogar auf den Erfinder der Basen-Theorie. So warnte schon Ragnar Berg vor einer unsinnigen „Säureangst“.

Entscheidend ist aus Sicht der Säure-Basen-Experten jedoch, dass die übliche Ernährungsweise zu säurebetont ist. Sie empfehlen demgegenüber ein Verhältnis von „basischen“ zu „sauren“ Lebensmitteln (einschließlich Getränken), das bei 70:30 oder sogar 80:20 liegt. Insofern unterscheidet sich eine basische Ernährung doch deutlich von der durchschnittlichen Kost, einmal ganz abgesehen von Fast-Food- und Limo-Junkies.

Vertreter der basischen Ernährung – im Sinne von basenbetont – empfehlen außerdem durchaus eine dauerhafte Ernährungsumstellung. Darüber hinaus legen viele Therapeuten bei gesundheitlichen Problemen spezielle Basenkuren oder ein möglichst kontrolliertes Basenfasten nahe.

Ob die Theorie sich am Ende als richtig erweist oder nicht – die Empfehlungen zur basischen Ernährung decken sich in vielerlei Hinsicht mit denen anderer Konzepte. Unstrittig bleiben zumindest wohl die positiven Auswirkungen einer Ernährung, die reich an Obst, Gemüse und Salat ist.

Mehr zum Thema finden Sie auf medelia.de im Artikel "Übersäuerung".


Quellen und Links

Claus Leitzmann, Karl von Koerber: Vollwert-Ernährung: Konzeption einer zeitgemäßen und nachhaltigen Ernährung. 10. Aufl. Stuttgart 2004.

Friedrich Manz: History of nutrition and acid-base physiology. European Journal of Nutrition 40, S. 189-199 (2001).

Hans-Helmut Martin, Stefan Weigt: Säure-Basen-Haushalt: Essen wir uns sauer? UGB-Forum 6/2005 S. 296-299.

Thomas Remer, Friedrich Manz: Potential renal acid load of food and its influence on urine pH. Journal of the American Dietetic Association 95, S. 791-797 (1995).

Friedrich F. Sander: Der Säure-Basenhaushalt des menschlichen Organismus und sein Zusammenspiel mit dem Kochsalzkreislauf und Lebensrhythmus. 2. Aufl. Stuttgart 1999 (Erstauflage: 1953)

John van Limburg Stirum: Moderne Säure-Basen-Medizin. Physiologie, Diagnostik, Therapie. Stuttgart 2008.

Jürgen Vormann: Säure-Basen-Balance (GU Gesundheits-Kompasse). 8. Aufl. München 2008.

Michael Worlitschek: Die Praxis des Säure-Basen-Haushalts: Grundlagen und Therapie. 6. Aufl. Stuttgart 2008.

Sabine Wacker: Basenfasten! Die Wacker-Methode. Stuttgart 2001.

http://www.saeure-basen-forum.de/pdf/IPEV-Nahrungsmitteltabelle.pdf - eine Tabelle auf Basis der PRAL-Werte

 

Bildnachweise: PeterKraayvanger/pixabay