Vitamin D: Im Winter oft ein Defizit
Dr. phil. Kerstin Engels
Die Rolle von Vitamin D wird seit einigen Jahren stark diskutiert. Immer mehr Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass ein chronischer Mangel an Vitamin D weltweit stark verbreitet ist. Vor allem in sonnenärmeren Ländern könnte eine Unterversorgung für eine große Anzahl von Erkrankungen mitverantwortlich sein. Anzeige
Wenn von Vitamin D beim Menschen die Rede ist, ist dabei genau genommen Vitamin D3 gemeint. Noch korrekter geht es um das sogenannte Cholecalciferol (kurz: Calciol).
Vitamin D stellt der menschliche Körper eigentlich zu großen Teilen über die Haut selbst her. Dafür benötigt er die UV-B-Strahlen aus dem Sonnenlicht. Darüber hinaus kann Vitamin D auch über die Nahrung aufgenommen werden. Dies deckt den Bedarf normalerweise aber nicht ausreichend.
Bei Vitamin D handelt es sich um die Vorstufe eines Hormons, das für viele Prozesse im Körper des Menschen benötigt wird. Vitamin D spielt eine zentrale Rolle für die Stabilität der Knochen.
Zunehmend wird aber auch deutlich, dass es notwendig ist, damit die Körperzellen richtig arbeiten können und dass es eine Fülle von hormonellen Vorgängen mit beeinflusst. Vitamin D ist somit entscheidend für gesunde Organe, Nerven und auch das Immunsystem.
Mangel an Vitamin D
Über den Bedarf an Vitamin D gehen die Meinungen stark auseinander. Immerhin besteht mittlerweile Einigkeit darüber, dass große Teile Bevölkerung in Gebieten wie Nordeuropa von einem chronischen Mangel an Vitamin D betroffen sind.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat 2012 aufgrund der Forschungslage ihre Empfehlungen für die Aufnahme von Vitamin D massiv erhöht: Die DGE geht nun davon aus, dass täglich 20 Mikrogramm Vitamin D benötigt werden – viermal so viel wie zuvor. In anderen Ländern liegen die Empfehlungen teils noch deutlich darüber.
Die Ursachen des verbreiteten Mangels an Vitamin D sind klar: Nur zehn bis zwanzig Prozent des benötigten Vitamins werden über die Nahrung aufgenommen. Der restliche Bedarf müsste der Körper eigentlich durch Sonnenstrahlen selbst produzieren. Doch zum einen reichen diese im Winter nicht aus. Und zum anderen halten sich viele Menschen auch während der Sommermonate nicht genügend im Freien auf.
Darüber hinaus gibt es weitere Faktoren in verschiedenen Bevölkerungsgruppen: Sowohl bei dunkelhäutigen Menschen als auch im höheren Alter produziert der Körper über die Haut weniger Vitamin D. Auch bei Säuglingen ist das Risiko für Vitamin-D-Mangel erhöht, weil sie nicht direkt der Sonne ausgesetzt werden sollen, die Muttermilch jedoch zu wenig Vitamin D enthält.
Folgen von Vitamin-D-Mangel
Ohne einen ausreichenden Spiegel von Vitamin D im Blut funktionieren die Zellen des menschlichen Körpers nicht gut. Belegt ist sogar, dass die Lebenserwartung von Menschen mit Vitamin-D-Mangel geringer ist als bei Menschen mit einer guten Versorgung. Anzeige
Knochen
Vitamin D reguliert den Calciumspiegel im Blut mit und ist deshalb entscheidend für starke Knochen. Bei Kindern kann Vitamin-D-Mangel deshalb zu Rachitis führen. Aber auch zur Vermeidung der gefürchteten Osteoporose bei älteren Menschen oder bei Frauen in den Wechseljahren ist eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D notwendig.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Forschungsergebnisse zeigen eindeutig, dass mit einem Mangel an Vitamin D das Risiko für Bluthochdruck, Herzinfarkt und andere Krankheiten des Herz-Kreislaufsystems deutlich steigt.
Infektionskrankheiten
Immer mehr Studienergebnisse weisen darauf hin, dass Vitamin D eine wichtige Rolle für eine funktionierende Immunabwehr spielt. Insofern ist es auch nicht verwunderlich, dass im Winter, wenn der Vitamin-D-Spiegel wegen der fehlenden Sonne sinkt, mehr Menschen an Grippe oder ähnlichen Infekten erkranken.
Krebs
Ein niedriger Spiegel an Vitamin D im Blut, das zeigt eine wachsende Anzahl an Studien, erhöht vermutlich das Risiko für verschiedene Krebserkrankungen. Recht klar wurde dies bereits für Darmkrebs. Aber auch Studien über den Zusammenhang von Vitamin D und Brustkrebs, Prostatakrebs und anderen bösartigen Tumoren weisen in die gleiche Richtung.
Entzündungen, Allergien, Stoffwechselstörungen
Forschungsergebnisse zu sehr unterschiedlichen Erkrankungen legen einen engen Zusammenhang mit Vitamin D nahe. Die gilt für Arthritis ebenso wie für Autoimmunerkrankungen, etwa Morbus Crohn, oder Asthma. Auch bei Diabetes mellitus scheint das Risiko für eine Erkrankung als erhöht, wenn Vitamin D fehlt. Der Grund ist, dass Vitamin D an vielen Vorgängen entscheidend mitwirkt: Es trägt dazu bei, Entzündungsvorgänge im Körper zu hemmen, beeinflusst das Immunsystem und ebenso den Stoffwechsel.
Wie kann ich Vitamin-D-Mangel vorbeugen?
Vitamin D spielt eine zentrale Rolle für die Gesundheit. Zugleich ist ein verbreiteter Mangel an Vitamin D mittlerweile unbestritten, auch wenn sich die Experten über das tatsächliche Ausmaß und die Folgen nicht einig sind. Was können Mitteleuropäer also tun, um Vitamin-D-Mangel zu vermeiden?
Vitaminspiegel überprüfen lassen
Vor allem im Winterhalbjahr kann es sinnvoll sein, den Spiegel des Vitamin D im Blut beim Arzt überprüfen zu lassen. Die Kosten liegen etwa zwischen vierzig und fünfzig Euro und werden von den Krankenkassen normalerweise nicht übernommen.
Regelmäßig Sonne „tanken“
In unseren Breiten reicht die Sonneneinstrahlung nur während des Sommerhalbjahres für die Produktion des benötigten Vitamin D aus. Für eine ausreichende Dosis wird empfohlen, pro Tag etwa ein Viertel der Körperoberfläche in der Zeit zwischen 12 und 15 Uhr je nach Hauttyp und Tageszeit zwischen fünf und 25 Minuten der Sonne auszusetzen. Der Körper speichert Vitamin D vor allem im Fett- und Muskelgewebe. Das hier gespeicherte Vitamin D ist eine Reserve für den Winter.
Umstritten ist, ob Solarien einen Beitrag zur besseren Vitamin-D-Versorgung leisten können, insbesondere im Winter. In Frage kommen dafür in jedem Fall nur solche Solarien mit einem nennenswerten Anteil an UV-B-Strahlung. Ein Großteil der angebotenen Sonnenbänke strahlt nur UV-A-Licht ab. Dies hat auf die Vitamin-D-Produktion keinen Effekt.
Nahrungsmittel mit Vitamin D
Im Durchschnitt werden täglich nur zwei bis vier Mikrogramm (von den empfohlenen 20 Mikrogramm) Vitamin D über die Nahrung aufgenommen. Über Lebensmittel allein lässt sich der Bedarf kaum decken. Vor allem tierische Produkte enthalten Vitamin D, am meisten fetthaltige Fische, wie Lachs oder Makrelen. Außerdem gehören Leber, Eigelb, Butter, Käse, mit Vitamin D angereicherte Margarine dazu. Auch einige Pilze, Hefe und Pflanzen, wie Spinat oder Kohl, enthalten eine spezielle Form von Vitamin D (Ergocalciferol, das Vitain D2). Der Bedarf an Vitamin D lässt sich ausschließlich über pflanzliche Lebensmittel allein jedoch nicht decken.
Die Anreicherung von Lebensmitteln mit Vitamin D ist wegen des Risikos von Überdosierungen nur sehr begrenzt erlaubt. Schon länger auf dem Markt ist angereicherte Margarine. Als neue Variante ist Vitamin-D-Brot zugelassen worden, in dem angereicherte Hefe verwendet wird.
Nahrungsergänzungsmittel
Indem die Deutsche Gesellschaft für Ernährung 2012 ihre Empfehlung für Vitamin D angepasst hat, rückte sie auch von einer Position ab: Bis dahin galt nach Ansicht der DGE, dass eine ausgewogene Ernährung den Menschen mit allen Nährstoffen und Vitaminen versorgt. Zumindest für das Vitamin D wird erstmals festgehalten, dass bei großen Teilen der Bevölkerung ein Mangel besteht. Die DGE folgert: „Personen, die sich bei Sonnenschein kaum oder gar nicht beziehungsweise nur vollständig bekleidet im Freien aufhalten, oder Personen mit dunkler Hautfarbe benötigen zur Sicherstellung der gewünschten 25-Hydroxy-Vitamin-D-Serumkonzentration in unseren Breiten ein Vitamin-D-Präparat.“
Vorsicht Überdosierung
Als Nahrungsergänzungsmittel sollte auf keinen Fall zu viel Vitamin D eingenommen werden. Die meisten Experten halten bis zu 100 Mikrogramm Vitamin D täglich für unbedenklich. Apothekenpflichtige Präparate liegen jedoch teils deutlich darüber. Da der Körper Vitamin D speichert, kann eine dauerhafte Überdosierung zu einer chronischen Vergiftung mit einem Abbau von Calcium aus den Knochen und einem Übermaß an Calcium im Blut (Hyperkalzämie) führen. Dadurch können unter anderem Nierenschäden entstehen, Kalkablagerungen in Gefäßen und Geweben, außerdem eine Osteoporose (Knochenschwund).
Wer regelmäßig Vitamin-D-Präparate einnimmt, sollte sich deshalb ärztlichen Rat holen.
Interessante Quellen:
Jakob Linseisen u.a.: Vitamin D und Prävention ausgewählter chronischer Krankheiten. DFG 2011. (Stellungnahme der DFG mit einer Forschungsübersicht und Bewertungen)
Hajo Zeeb, Rüdiger Greinert: Bedeutung von Vitamin D in der Krebsprävention. Konflikt zwischen UV-Schutz und Anhebung niedriger Vitamin-D-Spiegel? Deutsches Ärzteblatt International 2010; 107(37): 638–43.
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