Vitamin B12: Droht Vegetariern ein Mangel?

Dr. phil. Kerstin Engels

Vor allem im Zusammenhang mit einer veganen Ernährung steht das Thema Vitamin B12 oft im Mittelpunkt. Lange Zeit war es umstritten, inzwischen ist aber relativ sicher, dass eine Ernährung ohne Fleisch, Fisch, Eier oder Milchprodukte Vitamin-B12-Zusätze benötigt.

Anzeige

Vegane Ernährung liegt im TrendSelbst bei einer vegetarischen Ernährung, die Milchprodukte oder Eier einschließt, halten es viele Experten für sinnvoll, Vitamin-B12-Präparate einzunehmen.

Heiß diskutiert wird aber auch, ob die regelmäßige Einnahme von Vitamin-B12-Präparaten zum Beispiel vor Herz-Kreislaufkrankheiten oder Demenz schützt. In vielen Beiträgen, in der Presse oder auch im Internet, wird gern unterstellt, dass eine große Vitaminlüge viele Verbraucher dazu treibt, unnütze oder schädliche Präparate einzunehmen. Worum geht es also in der Diskussion zum Thema Vitamin B12? Welche Rolle spielt dieses Vitamin überhaupt im menschlichen Körper? Und in welchen Lebensmitteln ist es enthalten?

Was ist Vitamin B12?

Vitamin B12 umfasst eine ganze Gruppe von Stoffen, die sogenannten Cobalamine. Es wird nur in winzigen Mengen benötigt, aber ohne diese funktionieren einige zentrale Vorgänge im menschlichen Körper nicht. Vitamin B12 wird unter anderem als ein Coenzym für den Energiestoffwechsel gebraucht. Eine entscheidende Rolle spielt es bei der Zellteilung und für die Blutbildung. Außerdem ist es wichtig für den Aufbau und Schutz des Nervensystems. Auch für die Entgiftung beim Stoffwechsel wird Vitamin B12 benötigt. Sonst kommt es zu schädlichen Ablagerungen in den Blutgefäßen.

Produziert wird Vitamin B12 nur von Mikroorganismen, die entweder im Darm vorkommen oder auf der Oberfläche von nicht gewaschener Nahrung. Auch im menschlichen Verdauungstrakt befinden sich solche Bakterien, die Vitamin B12 herstellen. Allerdings sind diese im Dickdarm angesiedelt. Dort kann der Stoff jedoch nicht aufgenommen werden, sondern nur in Teilen des Dünndarm. Somit ist der Mensch darauf angewiesen, Vitamin B12 mit der Nahrung aufzunehmen.

In welchen Nahrungsmitteln ist Vitamin B12 enthalten?

Lebensmittel, die größere Mengen Vitamin B12 enthalten, sind tierischer Herkunft: Fleisch, Fisch, Milchprodukte und auch Eier. Pflanzliche Nahrungsmittel gelten meistens als nicht ausreichend, um den Bedarf zu decken.

Spiegelei enthält Vitamin B12So sind geringere Mengen Vitamin B12 zum Beispiel auch in Sojaprodukten, Hülsenfrüchten und Wurzelknollen wie Ingwer enthalten. Als weitere Quellen werden häufig Hefen, milchsauer vergorenes Gemüse, wie Sauerkraut, oder auch Algen angegeben. Auch Sanddorn gilt als ein pflanzlicher Lieferant für Vitamin B12.

Wie viel Vitamin B12 benötigt der Mensch?

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, dass Erwachsene täglich 3 Mikrogramm Vitamin B12 zu sich nehmen sollten. Dabei enthalten beispielsweise 100 g Kalbsleber 60 Mikrogramm Vitamin B12, decken also den Bedarf für mehrere Wochen. Auch in manchen Fischen, wie Makrele oder Hering, ist viel Vitamin B12 enthalten. Kuhmilch enthält dagegen nur rund 0,4 Mikrogramm Vitamin B12 pro 100 Gramm, Edamer Käse 2 Mikrogramm, Hühnerei ebenfalls 2 Mikrogramm.

In Veganer- und Vegetarierkreisen wird häufig darauf verwiesen, dass es pflanzliche Nahrungsmittel gibt, die Vitamin B12 enthalten. Mediziner und Ernährungswissenschaftler bezweifeln jedoch, dass die darin enthaltenen Mengen ausreichen. So kommen entweder nur sehr geringe Mengen darin vor oder auch Formen des Vitamins, die nicht verwertbar sind. Der durchschnittliche Gehalt von Vitamin B12 in 100 Gramm Sojasauce wird beispielsweise mit 0,3 Mikrogramm angegeben, im Ingwer mit 0,16 Mikrogramm.

Abgesehen von dem natürlichen Vorkommen in Lebensmitteln, gibt es mit Vitamin B12 angereicherte Produkte, etwa Sojamilch oder Cerealien. Vegetarier- und Veganerorganisationen, wie die Vegan Society, empfehlen jedoch auch die Einnahme von Präparaten.

Welche Gründe für einen Mangel an Vitamin B12 gibt es?

Bei einer veganen Ernährung ohne tierische Nahrung droht langfristig ein Mangel an Vitamin B12. Zwar speichert die Leber große Mengen des Vitamins auf Vorrat. 

Anzeige

Der Vorrat der Leber ist jedoch nach zwei bis drei Jahren verbraucht, wenn kein Vitamin B12 mehr aufgenommen wird. Die pflanzlichen Quellen genügen im Normalfall nicht, selbst wenn sie in der Ernährung gezielt berücksichtigt werden.

Bei einer veganen, aber auch bei vegetarischer Ernährung empfiehlt es sich, alle zwei bis drei Jahre mit einem Bluttest beim Arzt zu überprüfen, ob ein Mangel vorliegen könnte. Um einen solchen zu vermeiden, bieten sich angereicherte Lebensmittel oder auch Vitaminpräparate an.

Ein Mangel an Vitamin B12 entsteht auch aufgrund von Erkrankungen im Verdauungssystem, die die Aufnahme des Vitamins behindern. Dazu zählen chronische Erkrankungen des Magens, der Bauchspeicheldrüse oder des Darms (zum Beispiel Morbus Crohn).

Von derartigen Störungen sind hauptsächlich ältere Menschen betroffen. Außerdem werden Medikamente, wie beispielsweise Magensäurehemmer mit Vitamin-B12-Mangel in Verbindung gebracht. Ein weiterer Faktor für das Risiko eines Vitamin-B12-Mangels ist ein hoher Alkoholkonsum.

Welche Mangelerscheinungen sind möglich?

Ein Mangel an Vitamin B12 kann zum einen Störungen im Bereich des Nervensystems verursachen. Dies reicht von Kribbeln und Taubheitsgefühlen, bis zu Bewegungsstörungen, Lähmungserscheinungen oder Gedächtnisschwäche.

Zum anderen kann Blutarmut eine Folge sein, die sich unter anderem in Blässe und Müdigkeit äußert. Da das Vitamin vom Körper gespeichert und nur langsam verbraucht wird, treten Mangelsymptome oft erst spät auf.

Was passiert bei einer Überdosierung?

Vitamin B12 gehört zu den wasserlöslichen Vitaminen. Ist zu viel davon in der Nahrung enthalten, kann der Körper es ausscheiden. Aus diesem Grund gilt eine Überdosierung nicht als schädlich. Hohe Dosen von Vitamin-B12-Präparaten bringen bei einer Überversorgung allerdings auch keinen zusätzlichen Nutzen.

Generell gilt für Vitaminpräparate, dass sie auf Dauer nur mit ärztlichem Rat eingenommen werden sollten.

 

Bildnachweise: byrev/pixabay, kijuvit/pixabay, PublicDomainPictures/pixabay