Aloe Vera: Hautpflege und Heilmittel
Dr. phil. Kerstin Engels
Um Aloe Vera gibt es schon länger einen regelrechten Hype. Das Gel soll nicht nur die Haut jung und schön erhalten. Auch innerlich angewendet ist es, glaubt man vielen Berichten, ein Booster für die Gesundheit. Anzeige
Aloe Vera ist eine seit Jahrtausenden bekannte Heilpflanze, die seit etwa 20 Jahren im Westen einen einzigartigen Boom erlebt und sich inzwischen als Lebensmittelzusatz und natürliches Heilmittel zu einem gewaltigen weltweiten Markt entwickelt hat. Aber auch in Form von Kosmetikprodukten gibt es einen Siegeszug der Aloe. Ein Comeback: Denn schon die Schönheiten des Altertums, von Nofretete bis Kleopatra, nutzten angeblich die pflegende Wirkung der Pflanzenstoffe.
Die Beliebtheit der Aloe Vera und die Heilwirkungen, die ihr nachgesagt werden, übersteigen bei weitem die in der modernen Forschung bislang nachgewiesenen Effekte. Studienergebnisse hierzu sind noch nicht sehr weitreichend und wenig eindeutig. Für manche der starken Behauptungen, in denen Aloe Vera als Heilmittel bei schweren Erkrankungen wie Krebs oder Aids propagiert wird, gibt es keine wirklichen Belege. Eine Reihe positiver Wirkungen, etwa für die Haut, sind allerdings recht eindeutig. Unklar bleibt gegenwärtig noch, ob der Boom eher auf einen Marketingerfolg zurückzuführen ist, der teils sektiererische und propagandistische Züge hat. Oder hat am Ende doch die medizinische und pharmakologische Forschung das Potenzial der "wahren Aloe" nur noch nicht erkannt?
Herkunft und Verwendung
Aloe Vera (auch Aloe barbadensis), übersetzt die "echte" oder "wahre" Aloe, heißt auch Wüstenlilie und stammt ursprünglich wohl aus dem arabischen Raum. Mittlerweile wird sie weltweit in warmen, trockenen Gegenden kultiviert - in Indien, Nordafrika, Mittel- und Südamerika, aber auch in Europa, etwa auf den Kanaren. Sie wächst auf trockenen, sandigen Böden und gedeiht auch als Zimmerpflanze.
Die Besonderheit von Aloe Vera besteht darin, dass ihre Blätter hervorragende Wasserspeicher sind und die Pflanze so Trockenheitsphasen sehr gut überstehen kann. Im Inneren der Blätter befindet sich ein Gel, das als Speichergewebe fungiert. Es ist daher als Feuchtigkeitsspender und wegen seiner reizlindernden Inhaltsstoffe als sanftes Heilmittel beliebt. In der Volksmedizin wurden die aufgeschnittenen Blätter besonders bei der Wundheilung, bei Sonnenbrand oder Insektenstichen verwendet. Traditionell kommt außerdem das getrocknete Harz aus dem gelben Blattsaft als Abführmittel zum Einsatz. Dieses Mittel ist heutzutage wegen möglicher Nebenwirkungen etwas in Verruf geraten.
Zur innerlichen Anwendung gibt es Aloe Vera beispielsweise als Trink-Gel. Bei Aloe-Saft handelt es sich dagegen in der Regel um Presssäfte aus den ganzen Blättern, die zunächst auch den schwach giftigen Stoff Aloin aus der Blattrinde enthalten, der dann herausfiltriert wird. Kritisch zu betrachten ist bei den Aloe-Fertigprodukten, dass die Pflanzenstoffe anders als bei dem Gel aus frisch aufgeschnittenen Blättern mit Konservierungsstoffen versetzt, oft bestrahlt und in unterschiedlichen Graden verdünnt angeboten werden. Bei den gefilterten Säften kommt hinzu, dass nicht nur das schädliche Aloin entfernt wird, sondern auch wertvolle Inhaltsstoffe dabei verloren gehen.
Wer dagegen das frische Gel aus selbst gezüchteten Pflanzen innerlich anwenden möchte, sollte besonders darauf achten, es erst dann aus den aufgeschnittenen Blättern herauszulösen, wenn der gelbe Saft vollständig abgeflossen ist.
Der starke Trend zur Verwendung von Aloe Vera als Nahrungsergänzungsmittel hat dazu geführt, dass inzwischen unzählige Lebensmittel mit Aloe-Zusätzen beworben werden, ob Joghurt, Säfte oder selbst Backwaren. Von einer nennenswerten Wirkung kann hier vermutlich nicht ausgegangen werden.
Wirkstoffe
Die Angaben zu den bislang bekannten Inhaltsstoffen im Inneren der Aloe Vera schwanken. Mal sind es 160, in anderen Quellen über 400. Heilenden Effekten, so wird angenommen, liegt eine Synergie der verschiedenen Stoffe zugrunde. Das bedeutet, der Effekt entsteht durch das Zusammenwirken und weniger durch die Wirkung einzelner Substanzen. Allerdings gibt es unter diesen Stoffen einzelne Gruppen mit jeweils bestimmten Wirkungsrichtungen.
Anzeige
Das Harz der Blätter, also der eingedickte gelbe Blattsaft enthält das Glykosid Aloin, das für seine stark abführende Wirkung bekannt ist. Da dieser Stoff zugleich leicht giftig ist und darüber hinaus im Verdacht steht krebserregend zu sein, sollten entsprechende Produkte nur kurzfristig und mit ärztlichem Rat eingenommen werden. In der Schwangerschaft darf Aloin beispielsweise nicht eingesetzt werden, weil der Stoff vorzeitige Wehen auslösen kann.
Anwendungsbereiche
Aloe Vera gehört zu den populärsten Heilpflanzen und Nahrungsergänzungsmitteln der Alternativmedizin. Die positiven Wirkungen des Gels auf die Haut machen sich aber auch die Kosmetikhersteller mit Produkten in höchst unterschiedlicher Qualität zunutze. Viele Cremes und Lotionen enthalten Aloe Vera, um die pflegenden und feuchtigkeitsspendenden Eigenschaften des Pflanzengels einzusetzen.
Äußerliche Anwendung
Der klassische Anwendungsbereich der Aloe Vera ist die Haut. Im Idealfall verwendet man das frische Gel aus einem gerade geschnittenen Blatt. Alternativ sind zahllose Aloe-Produkte im Handel erhältlich, beispielsweis als Gel oder als Zusatz in Cremes. Das Aloe-Gel wirkt kühlend, reizlindernd und entzündungshemmend und wird daher beispielsweise verwendet zur Wundheilung, bei Sonnenbrand oder Ekzemen. Wegen seiner antibakteriellen Wirkung kommt Aloe Vera außerdem als Mittel gegen Akne zum Einsatz. Aloe gilt auch als Heilmittel bei Strahlenschäden – eindeutig belegt wurde dies bislang jedoch nicht.
Bei der Körperpflege soll sich die Verwendung positiv auf die Hautelastizität auswirken, Feuchtigkeit spenden und Hautirritationen mindern. Sicherlich spielt bei den Produkten auch eine Rolle, ob überhaupt ein relevanter und hochwertiger Anteil der Inhaltsstoffe enthalten ist. Oft dürfte ein zugesetzter Anteil an Aloe Vera nur der Werbung dienen.
Innerliche Anwendung
Bei der innerlichen Anwendung muss man zwischen dem stark reizenden Harz und dem Gel aus dem Inneren der Blätter unterscheiden. Aloinhaltige Präparate aus dem Harz gibt es als pharmazeutische Droge, z.B. in Tablettenform. Sie werden gegen Verstopfung angewendet, sind apothekenpflichtig und sollten nicht über einen längeren Zeitraum eingenommen werden.
Frisches Gel aus selbst angebauter Aloe Vera kann man direkt zu sich nehmen. Man kann es gut in kalte Speisen oder Getränke einrühren, wie Müsli, Obstsalat oder Säfte. Alternativ ist auch Trink-Gel im Handel erhältlich - in unterschiedlicher Konzentration und Qualität. Wie bei der äußerlichen Anwendung wird auch innerlich die reizlindernde Wirkung von Aloe Vera genutzt. Vor allem bei gereiztem Magen oder Darm soll sich dies positiv auswirken.
In der einschlägigen Werbeliteratur gibt es über diese Effekte hinaus weitreichende Behauptungen, die aber die medizinische Forschung bislang nicht bestätigt hat. So wird dem Gel vor allem aufgrund des enthaltenen Acemannan eine antivirale und immunstimulierende Wirkung zugeschrieben, die beispielsweise bei HIV/ Aids helfen soll. Auch die Senkung des Blutzuckerspiegels und damit Hilfe bei Diabetes sowie eine Regulierung des Cholesterins im Blut gehören zu den möglichen aber nicht belegten Wirkungen. Zudem sind Aussagen über eine präventive oder sogar heilende Wirkung von Aloe Vera bei Krebs zu finden. Auch dazu gibt es noch keine medizinischen Studien, die dies beim Menschen bestätigen.
Tipps für den Anbau von Aloe Vera
Die eigene Aloe Vera kann man ganz einfach im Wohnzimmer anbauen. Aloe ist oft im Handel zu bekommen, zum Beispiel in Gartencentern. Als Zimmerpflanze im Topf lässt sie sich gut kultivieren. Sie benötigt einen sandigen und trockenen Boden. Die Blätter lassen sich ernten, wenn die Pflanze mindestens zwei Jahre alt ist. Bei guter Pflege hält sich die Aloe Vera im Topf viele Jahre. Als Richtwert bei der Ernte gilt, dass immer mindestens zwölf Blätter vorhanden sein sollten, damit die Pflanze kräftig genug bleibt.
Sobald die Blätter groß genug sind, können sie abgeschnitten werden. Verwendet werden sollte immer eines der dicken unteren Blätter. Nach dem Abschneiden des Blattes muss zunächst der gelbe Saft ablaufen, der das stark reizende Aloin enthält und schwach giftig ist. Das Gel im Blattinneren sollte möglichst frisch verwendet werden. Dafür wird ein Stück von dem Blatt aufgeschnitten und das Gel dann vorsichtig herausgelöst. Es lässt sich entweder auf die Haut auftragen oder einnehmen. Ein nicht sofort verwendeter Teil des Blattes lässt sich einige Tage luftdicht verpackt im Kühlschrank aufbewahren.
Bildnachweise: Hans/pixabay, Birgit_H/pixabay