Pilates - ein effektives Body-Mind-Training

Dr. phil. Kerstin Engels

Pilates ist eine effektive Trainingsmethode zur Kräftigung des gesamten Körpers. Wo kommt sie her und was sind die Besonderheiten? 

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Pilates, Body-Mind-TrainingDer Deutsch-Amerikaner Joseph Pilates entwickelte Anfang des 20. Jahrhunderts ein eigenes System aus Dehn- und Kräftigungsübungen in Verbindung mit einer bewussten Atmung. Trainiert wird zum einen auf der Matte und zum anderen an speziellen Geräten, die Pilates eigens zu diesem Zweck entwickelte. In der Pilates-Methode werden Elemente aus verschiedenen Bewegungslehren miteinander verbunden, wie Yoga, Ballett, Kampfsport und Turnen. 

Wer war Joseph Pilates?

Joseph H. Pilates lebte von 1880 bis 1967. Er war selbst ein durchtrainierter Sportler – Berufsboxer, Turner, Bodybuilder und Akrobat. Sein Vater war ein erfolgreicher Turner, so dass Joseph Pilates schon früh einen Zugang zu Sport und Bewegung hatte. Da er in seiner Kindheit an einer Reihe von Krankheiten litt, wie Asthma und Rachitis, begann er mit intensivem Training seine Konstitution zu stärken. Vor Beginn des ersten Weltkriegs arbeitete der in Deutschland geborene Pilates in England als Boxer und Zirkusartist, außerdem als Trainer für Selbstverteidigung an Polizeischulen.

Während des Krieges war Pilates in einem englischen Internierungslager inhaftiert. In dieser Zeit legte er die Grundlagen für seine Methode, indem er sich eingehend mit unterschiedlichen Trainingsaspekten und Bewegungskonzepten beschäftigte, etwa mit Yoga und auch mit der Bewegung von Tieren. Seine Mithäftlinge unterrichtete er auf Matratzen nach seinem System, das er zunächst „Contrology“ nannte. Überliefert ist, dass sie vor allem dank ihrer guten körperlichen Verfassung die große Grippepandemie von 1918 überlebten.

Nach dem Krieg kehrte Pilates zunächst nach Deutschland zurück und arbeitete dort mit Vorreitern des modernen Tanzes und der zeitgenössischen Bewegungslehre zusammen, wie zum Beispiel Rudolf von Laban. In den 20er Jahren wanderte Pilates nach New York aus. Auf der Überfahrt lernte er seine spätere Frau Clara kennen, eine Krankenschwester, die maßgeblichen Einfluss auf die Weiterentwicklung der Methode hatte. In New York übernahm Pilates ein Trainingsstudio in der 8th Avenue, im gleichen Haus wie das New York City Ballet. Viele bekannte Tänzer und Sportler ließen sich dort von Joseph Pilates trainieren.

Die Pilates-Methode heute

Pilates selbst hat seine Methode stets individuell und kreativ eingesetzt. Er verfasste zwar Bücher über seine Technik, aber eine verbindliche Regel für Ausbildung und Unterricht gibt es von ihm nicht. Nach seinem Tod geriet die Trainingsmethode eine Zeitlang in Vergessenheit. Populär wurde sie dann jedoch, nachdem eine ehemalige Schülerin von Pilates in Los Angeles mit großem Erfolg ein Studio eröffnete, das auch viele Hollywood-Stars anzog.

Pilates, Body-Mind-TrainingMittlerweile wird Pilates auf der ganzen Welt unterrichtet. Dafür gibt es spezielle Pilates-Studios, die mit den typischen Geräten, etwa dem sogenannten „Reformer“ oder dem „Cadillac“, ausgestattet sind. Sie werden im Einzelunterricht jeweils dem individuellen Trainingsbedarf angepasst. Außerdem kommen eine Reihe kleinerer Hilfsmittel zum Einsatz, wie z.B. der Pilates-Ring, die Schaumstoffnudel, das Flex-Band oder Gymnastik-Bälle. Besonders verbreitet ist aber der Gruppenunterricht auf der Matte. Dieses Bodenprogramm bietet auch in Deutschland ein Großteil der Fitness-Studios an. Für Pilates-Lehrer gibt es unterschiedliche Ausbildungszertifikate diverser Einrichtungen.

Pilates ist als Trainingsmethode unter Profisportlern und Tänzern genauso beliebt wie im Fitness-Studio. Auch in die Rehabilitation – vor allem nach Sportverletzungen – hat Pilates Eingang gefunden. Eine Vielzahl von Büchern oder DVDs mit Übungen bietet außerdem jedem Laien die Möglichkeit, sich selbst ein kleines Trainingsprogramm zusammenzustellen.

Wie funktioniert Pilates?

Pilates besteht aus rund 500 Übungen, die speziell die Muskulatur des Rumpfes kräftigen. Im Mittelpunkt des Übungssystems steht das Kraftzentrum in der Körpermitte, das sogenannte „Powerhouse“ – ein Konzept, das auch in fernöstlichen Kampfsportarten oder im Yoga eine wichtige Rolle spielt. Das Powerhouse spricht die tief liegenden Muskelschichten des unteren Rückens, der Bauchmuskulatur und des gesamten Beckenbodens an. Es wird aktiviert, indem der Bauchnabel einwärts gezogen und während der Übungen dort gehalten wird.

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Ausgehend von diesem stabilen Kraftzentrum wechseln sich in einer Übungseinheit meist Kräftigungs- und Dehnungsübungen ab. Alle Bewegungen sind kombiniert mit einer bewussten Brustatmung. Ähnlich wie im Yoga geht es dabei auch um eine Schulung von Achtsamkeit und Körperwahrnehmung. Sämtliche Übungen werden daher langsam und konzentriert ausgeführt.

Die Pilates-Methode beruht auf einer Reihe von grundlegenden Prinzipien:

  1. Konzentration – Pilates ging, ähnlich wie fernöstliche Lehren, davon aus, dass die Bewegung durch den Geist gesteuert wird und achtete deshalb auf eine genaue und konzentrierte Ausführung der Übungen im Detail.
  2. Kontrolle – Jede Übung soll bis ins Detail genau und achtsam ausgeführt werden. Dies steigert die Effektivität der Übungen und beugt Verletzungen vor.
  3. Bewusste Atmung – Ein gleichmäßiger Atemfluss „führt“ die Bewegungen. Eingeatmet wird durch die Nase seitlich in die Flanken, ausgeatmet durch den leicht geöffneten Mund.
  4. Zentrierung – Alle Übungen sind im aktiven „Powerhouse“ verankert und gewinnen von dorther ihre Kraft und Stabilität.
  5. Entspannung – Trotz Anstrengung bleibt die innere Haltung entspannt. Muskulatur, die nicht an einer Übung beteiligt ist, bleibt möglichst locker.
  6. Fließende Bewegungen – Die Pilates-Übungen werden als harmonische Abfolge in einem langsamen Bewegungsfluss ausgeführt.
  7. Koordination und Ausrichtung – Die aufrechte Haltung gehört zu den wesentlichen Trainingszielen. Dies ist nicht nur ein wirksames Mittel bei gesundheitlichen Problemen, wie zum Beispiel Rückenbeschwerden. Die Arbeit an der Aufrichtung verbessert auch die Präsenz und den Körperausdruck.

Für wen ist Pilates geeignet?

Grundsätzlich ist Pilates für jeden Menschen geeignet. Wer unter chronischen oder auch akuten Krankheiten leidet, sollte jedoch vorher einen Arzt um Rat fragen. Sinnvoll kann Pilates vor allem sein für

  • eine Verbesserung der Fitness und Körperhaltung
  • als Ausgleichstraining für Sportler und Tänzer
  • zur Kräftigung nach Sportverletzungen
  • bei chronischen Rückenschmerzen aufgrund von Haltungsfehlern
  • für ältere Menschen, um die Beweglichkeit zu fördern und Osteoporose vorzubeugen

Ein oft zitierter Satz von Joseph Pilates fasst die Effekte der Methode schlicht zusammen: "Nach 10 Sitzungen sind Veränderungen spürbar, nach 20 Sitzungen sichtbar, und nach 30 Sitzungen haben wir einen ganz neuen Körper."

 

Literaturtipp:

Michaela Bimbi-Dresp: Pilates (mit DVD). Gräfe und Unzer 2010.

 

Bildnachweise: iStock